Nashornkäfer sind auch bei uns sehr selten, aus dem Gemeindegebiet gibt es bisher nur zwei Nachweise. Nur die Männchen dieser Käferart sind mit dem, der Art den Namen gebenden, bisweilen sehr stattlichen „Horn“ ausgestattet. Dieses nach hinten gebogene Horn verleiht ihnen ein wenig das Aussehen eines Mini-Nashornes. An ihrem Halsschild tragen sie tiefe Auskerbungen und Erhöhungen, es sieht dadurch wie ein dreizähniger Kamm aus.
Die Weibchen haben einen glatten Halsschild und nur einen kleinen Höcker anstelle eines Hornes auf dem Kopf. Auffällig ist bei einem Vorkommen, dass sowohl Weibchen wie auch Männchen in ihren Körpermaßen und letztere auch in ihrer Horngröße beträchtlich unterschiedlich sind.
Bei dem 1. gefundenen Vorkommen in Fretter hatte das größte Käferexemplar eine Körperlänge von über 4 Zentimetern, es wurden insgesamt 40 Exemplare gefunden. Die genauen Umstände des Fundes schildern wir wegen seiner Besonderheiten weiter unten.
Das gesamte Erscheinungsbild des Nashornkäfers erscheint braun glänzend, so wie eine reife Kastanienfrucht. Schild und beim Männchen das Horn sind etwas dunkler gefärbt. Der Nashornkäfer ist eine unverwechselbare Erscheinung, mit seiner Größe ist er einer der Großen unter unseren heimischen Käfern. Verwandtschaft hat er nur noch in den Tropen.
Der Fund in Fretter wurde von der Familie Wicker gemacht, die dort im Dorf eine Gärtnerei betreibt. Herr Wicker legt alljährlich aus anfallendem Häckselmaterial des eigenen Grüns Mulchhaufen an, die Zusammensetzung besteht zu 90% aus Fichten- und Tannengrün, der Rest besteht aus anderen Schnittabfällen. Jeder Mulchhaufen wird einmal im Herbst komplett umgeschichtet, um das Material gleichmäßig verrotten zu lassen. Solch ein Mulchhaufen entwickelt eine so große Eigenwärme, dass im Winter der Schnee nicht darauf liegen bleibt, sondern von der Oberfläche wegschmilzt.
Als Herr Wicker Anfang Dezember 2000 wieder einen Haufen umgrub, das Material hatte maximal 2 Jahre dort gelegen, fand er in etwa 60 Zentimetern Tiefe insgesamt 40 voll ausgebildete Käfer, einige Puppen sowie auch diverse Larven, letztere werden auch Engerlinge genannt. Diese Larven hatten fast die Dicke einer Zigarre und waren bis zu 12 Zentimeter lang. Sobald sie aus ihrer anhaltenden Dunkelheit geholt wurden, rollten sie sich zusammen, soweit das bei ihrem Körpervolumen überhaupt möglich war. Laut Literatur vergehen bis zu 3 Jahre, dann verpuppen sie sich. Die Larven des Nashornkäfers richten keinen Schaden irgendwelcher Art an, sie leben ausschließlich von vermoderndem Holz.
Und diese Nahrung war es, die den Käfer in Deutschland an den Rand des Aussterbens gebracht hat, zum Erlöschen seiner Art. Denn früher lebten Nashornkäfer-Larven in gemahlener Eichenrinde, der Lohe. Diese wurde noch im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts überall in Haubergen, so auch bei uns, gewonnen. Eichenlohe wurde zum Gerben von Leder gebraucht. Dann kam aber Chemie mit ins Spiel, und der Käfer konnte die Eichenrinde nicht mehr nutzen, sie wurde ungenießbar, ja sogar schädlich für ihn.
Doch irgendwie schaffte es die Art, sich umzustellen auf anderes vermoderndes Material. Da waren es zunächst die Sägemehlhaufen der Sägewerke als Ersatz, heute scheint der Nashornkäfer in Kompost- oder Mulchhaufen seine Überlebenschance gefunden zu haben. Die ökologische Umstellung hat diese Art vor dem Aussterben bewahrt.
Eine Frage ist offen geblieben: Wieso gab es in einem maximal 2 Jahre liegenden Mulchhaufen gleichzeitig Larven, Puppen und fertig entwickelte Käfer?
Bei den Käfern könnte es so zu sein, dass sie schon im Herbst schlüpfen, aber noch im Haufen überwintern. Was ist aber mit der langen Entwicklungszeit der Larven? Es konnte auch unter der Zuhilfenahme von Fachliteratur nicht abschließend geklärt werden.
Der 2. Nachweis wurde durch Frau Annemarie Greiten erbracht. Sie fand während eines Spazierganges am 9. August 2010 ein totes Männchen auf einem Waldweg, „als wenn es eingeschlafen wäre“. Der Fundort liegt oberhalb Bausenrode, also gar nicht sehr weit weg von Fretter.